Vortrag vom 18. Juli, 18:00 – 20:00 Uhr
“Kunstfreiheit” hat eine besondere Bedeutung in Deutschland. In keinem anderen Land wird der Kunst verfassungsmässig mehr Freiheit eingeräumt als in der Bundesrepublik. Anderswo wird Kunst unter genereller Meinungs- und Ausdrucksfreiheit subsumiert, sie genießt keine Vorteile. Die Wurzeln des deutschen Ausnahmezustands für Kunst liegen im 19. Jahrhundert, als die “Kunst”, die für “frei” erklärt wurde, eng begrenzt war: auf Grund des damaligen ästhetischen Idealismus musste sie autonom und “interesselos” sein, d.h. weder unzüchtig noch politisch. Mit der zunehmenden Politisierung der Künste—mit dem Aufkommen von Tendenzkunst und Agitprop—sind aber die ursprünglichen Prämissen der “Kunstfreiheit” längst überholt. Die dadurch entstehende Problematik wird anhand der documenta fifteen exemplifiziert.
Peter Jelavich ist Professor für Neuere Europäische Geschichte an der Johns Hopkins University. Veröffentlichungen über Münchener und Berliner Kulturgeschichte, Kunstfreiheit und Kunstzensur sowie deutsch-jüdische Unterhaltungskultur, u.a.: Munich and Theatrical Modernism: Politics, Playwriting and Performance, 1890-1914 (1985); Berlin Cabaret (1993); Berlin Alexanderplatz: Radio, Film, and the Death of Weimar Culture (2006). Er war Mitglied im Gremium zur fachwissenschaftlichen Begleitung der documenta fifteen.
Moderation, Kamera, Produktion und Schnitt: Lasse Schauder